ms - februar 2023
Herrenhof Lamprecht Furmint vom Sandstein
Biowein aus der Steiermark
► Wer wirklich ehrlich ist, weiß, dass Wein trinken auch Formsache ist. Einen Wein wirklich neutral zu beurteilen ist schwer, da auch sehr viele persönliche Faktoren den Geschmack beeinflussen. Ein Wein schmeckt mir z.B. immer sehr viel besser, wenn ich schon länger keinen getrunken habe. Ich bin dann geneigt, mehr herauszuschmecken. Wenn man reflektiert genug ist, kann man das relativieren, ok. Aber es gibt eben noch andere beeinflussende Faktoren, bei denen das schon schwieriger ist: was hab ich zuletzt gegessen, getrunken, wie hab ich letzte Nacht geschlafen, wie ist meine Gesamtkonstitution, usw.
Was hat das mit dem Herrenhof Lamprecht zu tun, auf dessen Besprechung ich mich schon diebisch gefreut habe? Der Furmint vom Sandstein ist ganz einfach anders. Eine eindeutige Beurteilung ist mir bei diesem Biowein etwas schwer gefallen. Ich hab mich auch dazu entschlossen, keine Note für diesen Wein abzugeben, sondern ihn viel mehr mit einem Exoten-Label auszustatten.
Er riecht schon anders. Weil's hier etwas schwieriger ist habe ich Hilfe in Form einer weiblichen Mitverkosterin hinzugezogen, die direkt das Wort 'Apfelessig' in den Raum wirft. Das stimmt und ist nicht despektierlich gemeint. Ich rieche eine dezente Jauchengrube, was auch die Bio-Attitüde sein kann. Das ist kein Scherz, Freunde. Meine Nase wird von einem dezenten fauligen Geruch umspielt. Wer jetzt aufhört zu lesen ist selber Schuld. Verrückt ist, dass ich das irgendwie gut finde, ohne zu wissen, warum. So ein Bouquet hatte ich noch nicht, bin überrascht, etwas ungläubig und vor allem fasziniert.
Krass! Die ganze Nummer schmeckt einfach abgefahren. Zum einen ist da eine schöne Frische, eine Spritzigkeit, eine wirklich gute Säure; und Würze. Auf der anderen Seite bestätigt sich dieses exotische Aroma. Und das schmeckt! Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Es ist komisch.
Zitrusfrüchte, Apfel,
Essig, Jauche
Ich hab das Gefühl, dieser leicht faulige, dennoch zurückhaltende Geschmack, - der Wein ist relativ leicht, hat nur 12,5% Alkohol - hat etwas Reizvolles, Außergewöhliches. Das wirkt auf mich keinesfalls abstoßend, im Gegenteil. Auch meinem Gegenüber schmeckt er. Irgendwo sind evtl. leichte Apfel- und Zitrusnoten zu verorten, aber wer hier viel Frucht schmeckt, muss definitv zum Arzt. Auf irgendeinem Portal stand was von Melone, Quitte, Brioche, Kakao und einiges mehr. Völliger Schwachsinn, ganz ehrlich.
Der Furmint ist ein würziger Frischmacher mit eigenwilligem Geschmack!
Ich hab auf der Rückseite des Etiketts diese englisch-sprachige Liebesbekundung gefunden, die mich sehr angerührt hat, musste die einfach mal hier platzieren. Vielleicht sollte man an dieser Stelle auch mal die Boda-Page zitieren. Das ist das Weinhaus in Wuppertal, von dem ich den Herrenhof Lamprecht bezogen habe: „Furmint ist eine alte Rebsorte, die in Osteuropa immer noch gehegt und gepflegt wird. In Österreich, speziell in der Steiermark war sie eigentlich verschwunden, aber immer öfter trifft man auf junge Winzer, die dieser Rebsorte wieder Raum und Liebe in ihren Weinbergen geben wollen. Sie steht im Gegensatz zu den üppigen Weißweinen, die besonders aus der Veltliner Fraktion lange Jahre auf die Tische der globalen Verkoster gelangt sind, um dort Furore für den österreichischen Wein zu machen." Da ist in jedem Fall was dran. Und wenn wir schon bei Zitaten, Kritiken und Verehrungen sind, kann ich nur die Charta von Gottfried Lamprecht empfehlen, der ein absolut illustrer Weinspezi zu sein scheint.
Auf den Punkt: wer abenteuerlustig ist und mal was anderes probieren möchte hat beim Biowein Furmint die Chance, einen wirklich abgefahrenen Tropfen zu entdecken.
Und ich hoffe der Gottfried nimmt es mir nicht übel, dass ich sein Logo geliehen habe, aber 'Freestyle Wine Growing' passt doch super zu 'Punkrock-Tasting', oder?
Weißwein Herrenhof Lamprecht Furmint - Österreich
› mehr über diesen Wein
Rebe: Furmint
Jahrgang: 2020
Region: Steiermark
Alkohol: 12,5 %
Hersteller: Gottfried Lamprecht
Bezugsquelle: Boda Weinhaus Wuppertal
Preis: 15,50 €
Schulnote: X
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